Jenseits der Metropolen. Wandel lokalpolitischer Kulturen in einer polarisierten Gesellschaft


Ausgangslage

Mit dem Bedeutungsverlust der großen Volksparteien und einem Erstarken rechtsnationaler Kräfte ist eine deutliche Verschiebung innerhalb der politischen Landschaft in Deutschland zu beobachten. Diese Entwicklung spiegelt sich unmittelbar in den Wahlerfolgen der AfD auf Bundes- und Länderebene wider: Seit 2017 ist die Partei als größte Oppositionsfraktion im Bundestag und 2020 mit Sitzen in allen Landesparlamenten vertreten. Mit ihrem breiten Spektrum an rechten Auffassungen vom Rechtspopulismus bis hin zum Rechtsextremismus und aufgrund ihrer dort verbreiteten menschen- und demokratiefeindlichen Haltungen wird ihre parlamentarische Präsenz in Teilen von Wissenschaft und Politik als Gefahr für die Demokratie und als ein Indikator für die gesellschaftliche Polarisierung angesehen.

Ziel

Mit dem Forschungsprojekt „Jenseits der Metropolen“ – Wandel lokalpolitischer Kulturen in einer polarisierten Gesellschaft“ wurde daher untersucht, welches Potenzial die kommunalpolitischen Handlungsfelder Infrastruktur, Verkehr, Wohnen und Energie für eine rechtspopulistische Besetzung und die Polarisierung der kommunalpolitischen Kultur bieten. In vier kleineren Gemeinden in Baden-Württemberg und Brandenburg wurde analysiert, wie rechtspopulistische Interventionen vor Ort wahrgenommen werden und auf welche Weise es gelingt, lokale Konflikte mit allgemeinen weltanschaulichen Annahmen und Identitätskonstruktionen zu verknüpfen. Neben den Wahlprogrammen der jeweils fünf stärksten Parteien stand im Fokus, wie kommunalpolitische Themen in digitalen und analogen Medien verhandelt werden und welche Unterschiede in der Debattenkultur und ihrer lokalen Rezeption bestehen.


Publikation zum Projekt

Jenseits der Metropolen. Wandel lokalpolitischer Kulturen in einer polarisierten Gesellschaft

Domann, V., Nuissl, H., Steinrücke, E. (2021): Jenseits der Metropolen. Wandel lokalpolitischer Kulturen in einer polarisierten Gesellschaft. vhw Schriftenreihe, Band 19. Berlin

vhw-Schriftenreihe Nr. 19


Nachrichten zum Projekt

Jenseits der Metropolen - Studie zum Wandel lokalpolitischer Kulturen in einer polarisierten Gesellschaft

Februar 2021

Die vergleichende Untersuchung von vier kleineren Gemeinden in Brandenburg und Baden-Württemberg haben Prof. Dr. Henning Nuissl, Valentin Domann und Elena Steinrücke vom Geographischen Institut der Humboldt Universität Berlin im Auftrag des vhw – Bundesverband für Wohnen und Stadtentwicklung e. V. durchgeführt.

Im Zentrum der Untersuchung standen u. a. die Fragen, welches Potenzial die Themen "Verkehrsinfrastruktur", "Wohnen", "Klima und Energie" sowie "Migration" zur Polarisierung kommunalpolitischer Kultur haben, wie diskursive Intervention von Rechtspopulisten vor Ort wahrgenommen werden und wie lokale Konflikte mit allgemeinen weltanschaulichen Annahmen und Identitätskonstruktionen verknüpft werden können.

Im Ergebnis wird deutlich, dass bei den betrachteten Themen die Konfliktlinien nicht zwangsläufig zwischen klar definierten Fraktionen innerhalb der lokalen Gemeinschaft, sondern auch vertikal zwischen lokalen und überlokalen Interessenslagen verlaufen. Zudem zeigt sich, dass die demokratischen Parteien und Wählergruppen in den Untersuchungsgemeinden ein weites Feld an Themen besetzen, so dass kaum „populistische Lücken“ auszumachen sind. Allein die radikale Ablehnung von Klimaschutzmaßnahmen hat auf lokaler Ebene das Potenzial eines rechtspopulistischen Alleinstellungsmerkmals. Dabei sind die lokalen Kontextbedingungen für die jeweils spezifischen Strategien vor Ort von hoher Bedeutung. Insofern gibt es auch kein Patentrezept, um polarisierenden Interventionen vor Ort zu begegnen, sondern es müssen die jeweiligen lokalpolitischen Konstellationen genau analysiert werden.

Download der Studie

Zum Projekt

PROJEKTINFORMATIONEN

Projektpartner

Humboldt-Universität zu Berlin

Geographisches Institut, Angewandte Geographie / Raumplanung

Prof. Dr. Henning Nuissl, Valentin Domann und Elena Steinrücke

Projektleitung

Dr. Anna Becker

Projektdauer

Mai 2019 – September 2020

Methode

Framing- und Scaling-Analyse, Social Media-Analyse, Rezeptionsanalyse (lexikometrische Analyse, qualitative Diskursanalyse), qualitative Interviews