Erbbaurecht stärken, Bauland aktivieren – Empfehlungen der RICS Deutschland

September 2019

Trotz seiner inzwischen 100-jährigen Geschichte wird das Erbbaurecht in Deutschland heutzutage relativ selten angewendet. Nur 5 Prozent der für das Wohnen genutzten Flächen in Deutschland sind auf Erbbaurechten entstanden. RICS (The Royal Institution of Chartered Surveyors), ein weltweit tätiger Berufsverband von Immobilienfachleuten, der sich zudem als unabhängiger Politikberater versteht, hat eine Umfrage unter RICS-Landesverbänden in Europa zum Thema durchgeführt. Die Umfrageergebnisse zeigen, so RICS, dass das Erbbaurecht in einigen anderen europäischen Staaten wesentlich intensiver genutzt wird als in Deutschland. In den Niederlanden, insbesondere in Ballungszentren wie Amsterdam, ist es demnach beispielsweise eher die Regel als die Ausnahme, dass Gebäude im Rahmen des Erbbaurechts errichtet bzw. weiterveräußert werden, ohne dass die Grundstücke verkauft werden. Allein die Stadt Amsterdam ist Eigentümer von 80 Prozent der Grundstücke und hat ungefähr 200.000 Verträge geschlossen. Die Erfahrungen im Nachbarstaat zeigten jedoch, dass es auf die Ausgestaltung ankomme, so RICS. Großen Einfluss habe demnach die Laufzeit sowie die Anpassung und Ermittlung der Höhe des Erbbauzinses. Mit dem Erbbaurecht biete sich ein Instrument an, um sowohl dem Grundstückseigentümer eine auskömmliche Rendite als auch dem Erbbaurechtsnehmer die Errichtung eines Gebäudes zu ermöglichen.

Mit ihrem Positionspapier "Erbbaurecht stärken, Bauland aktivieren" wendet sich die RICS Deutschland an die Politik sowie weitere beteiligte Stakeholder und gibt konkrete Empfehlungen zur technischen Standardisierung:

  1. Lange Laufzeit wählen > 99 Jahre.
  2. Erbbauzins projektgerecht ausgestalten.
  3. Bei der Ausgestaltung des Erbbauzinses eine Reihe von Aspekten beachten, die eine projektspezifische Lösung und die Beachtung unterschiedlicher Interessen ermöglichen.
  4. Es muss nicht immer der klassische jährliche Erbbauzins sein.
  5. Der Erbbauzins kann ganz oder teilweise kapitalisiert und als Einmalzahlung geleistet werden. Nicht zuletzt, um fiskalische Interessen zu bedienen und den Effekt niedrigerer Erbbauzinsen während der Laufzeit auszugleichen.
  6. Anstieg des Erbbauzinses absolut beschränken (z. B. auf Inflation gedeckelt), dabei sind stets die langen Laufzeiten zu beachten.
  7. Es können (in Verbindung mit einer (teilweisen) Kapitalisierung) erbbauzinsfreie Zeiten oder Phasen mit einem reduzierten Erbbauzins vereinbart werden.
  8. Reduzierungen können mit der Einhaltung eines bestimmten Konzepts und der damit verbundenen Erreichung z.B. städtebaulicher und/oder sozialer Zwecke verknüpft werden und so eine Kompensation erreicht werden.
  9. Änderungen bei der Grunderwerbsteuer erreichen: Anrechnung der Restlaufzeit auf die Grunderwerbsteuer bei der (vorzeitigen) Verlängerung streichen. Für die Restlaufzeit wird dieses derzeit doppelt erhoben.
  10. Erbbauzinsreallast als bei Zwangsversteigerung bestehenbleibendes Recht nach § 9 Abs. 3 ErbbauRG vereinbaren. Dies erhöht den deckungsstockfähigen Anteil und verbessert dadurch die Finanzierbarkeit.
  11. Übertragung nach Ablauf des Erbbaurechtsvertrages des Gebäudes zu 100 % des Verkehrswertes – Dadurch entstehende Risiken beim Grundstückseigentümer sind durch adäquate Vertragsgestaltung abzusichern: Dieser könnte sich für den Fall einer Neuvergabe vorbehalten, nur den im Rahmen einer Ausschreibung erzielbaren Betrag zu erstatten, der 100 Prozent des Verkehrswertes entspricht.

Wenn es gelänge, mit Hilfe des Erbbaurechts Bauland zu kostengünstigen Konditionen zu vergeben, führe dies zu geringeren Investitionskosten und könne insbesondere im Bereich der sozialen Infrastruktur die wirtschaftliche Machbarkeit begünstigen oder überhaupt erst schaffen. Das Erbbaurecht leiste damit einen entscheidenden Beitrag, denn der Grundstückseigentümer behalte Einfluss auf die Bauvorhaben. Quelle/Weitere Informationen: RICS Deutschland, Positionspapier "Erbbaurecht stärken, Bauland aktivieren" (Stand 2. März 2019)