Nichts ist so beständig wie der Wandel (Heraklit)

Dezember 2020

Es ist gerade einmal ein Jahr her, dass wir im Tätigkeitsbericht 2018/2019 die weitreichenden Umbrüche des vergangenen Jahrzehnts mit dem Untertitel "Eine andere Welt" zusammengefasst haben. Bewegt haben uns damals insbesondere die Folgen einer weithin ungezähmten Globalisierung, der immer stärker in den Fokus rückende Klimawandel, die Krisensymptome des Neoliberalismus der letzten Jahrzehnte, der Aufstieg populistischer Strömungen sowie der rapide technologische Wandel, vor allem in Gestalt einer digitalen Transformation der Gesellschaft. Die Überschrift lautete "Vom Verstehen zum Gestalten". Es ging dabei vor allem darum, aus dem Verstehen der aktuellen gesellschaftlichen Entwicklung für den Verband konkrete Herausforderungen der Gegenwart und Zukunft in den zentralen Handlungsfeldern Wohnen, Bodenpolitik, Stadtentwicklung, gesellschaftlicher Zusammenhalt und lokale Demokratie abzuleiten und den vhw zur zukunftsorientierten Mitgestaltung zu befähigen.

Als um den 27. Januar 2020 herum das Coronavirus erstmals Deutschland erreichte, rechnete kaum jemand damit, dass davon eine ernsthafte Bedrohung ausgehen könnte. Noch am 24. Februar nahmen hunderttausende von Menschen im Karneval sorglos an den Rosenmontagszügen teil. Wenig später setzte sich die Erkenntnis durch, dass es sich um eine ernste Epidemie handelt und schon Mitte März wurde diese aufgrund des exponentiellen Anstiegs der Infektions- und Sterblichkeitsdaten weltweit von der WHO zur globalen Pandemie erklärt.

Die Corona-Pandemie steht sicherlich für eine ganz besondere Ausnahmesituation. Aber – das lässt sich heute bereits festhalten – sie hat erbarmungslos die Vulnerabilität (Verletzbarkeit) der modernen Gesellschaften weltweit offengelegt. Dazu gehören die globale Mobilität und die globalen Handelsbeziehungen, die wesentlich zur schnellen, globalen Ausbreitung des Virus beigetragen haben. Die weitreichenden Einschränkungen im Reise- und Warenverkehr, die durch die Pandemie erzwungen wurden (und mitunter von globalisierungskritischer Seite angemahnt werden), haben wiederum deutlich gezeigt, welche ökonomischen Verwerfungen solche Einschränkungen weltweit hervorrufen.

Auch der vhw wurde durch die Corona-Pandemie zutiefst in seinen Grundfesten erschüttert. Mitte März, es waren gerade zwei Drittel des Berichtszeitraums 2019/2020 vergangen, war urplötzlich nichts mehr, wie es war.  Wie im Bereich der Fortbildung, so galt es auch im Bereich der Forschung, sich auf den schnellen Wandel der gesellschaftlichen Herausforderungen im Kontext der Corona-Pandemie einzustellen. Neben der alltäglichen Anwendung neuer digitaler Instrumente, wie z. B. dem Durchführen von Online-Meetings, dem Halten von Online-Vorträgen oder der Erstellung von Videolehrfilmen, rückten neue, oft clusterübergreifende Forschungsfragen in den Fokus. Dazu gehören z. B. Fragen zur Inklusion und Kommunikation beim digitalen Wandel, zur demokratischen Qualitätssicherung bei der digitalen Bürgerbeteiligung und politischen Willensbildung, zur digitalen, koproduktiven Stadtgestaltung auf virtuellen Plattformen oder zu einer digital unterstützten Organisation von nachbarschaftlichem Zusammenhalt und Zusammenleben.

Mit der Corona-Pandemie war eine tiefgreifende Herausforderung zu bewältigen, die sehr viele Selbstverständlichkeiten der letzten Jahre außer Kraft gesetzt, einen intensiven Wandel in Gang gesetzt und viele erst im Entstehen begriffene Innovationen zur Krisenbewältigung und Neuformierung hervorgebracht hat. Der vhw hat diese Herausforderung bislang sehr gut bewältigen können. Mit gemeinsamer Kraft haben wir in rasanter Geschwindigkeit vieles neu gestaltet, ohne Angst, mit vorausschauendem Blick, viel Kreativität, hoher Flexibilität, Verlässlichkeit und phänomenalem Einsatz des gesamten vhw-Teams. So können zuversichtlich in die Zukunft schauen.

Beitrag "Nichts ist so beständig wie der Wandel", vhw-Vorstand Prof. Dr. Jürgen Aring, Auszug Vorwort Tätigkeitsbericht 2019/2020