OLG NRW zur Verkehrssicherungspflicht bei Sturz eines Radfahrers auf Wirtschaftsweg

Januar 2021

Das Oberlandesgericht NRW in Hamm (OLG) hat darauf hingewiesen, dass ein Radfahrer auf einem Wirtschaftsweg mit Schlaglöchern rechnen muss. Stürze er mit seinem Rad beim Durchfahren eines 50 bis 60 cm langen und 8 cm tiefen Schlaglochs, das für ihn deutlich zu erkennen und gefahrlos zu umfahren war, stelle das Schlagloch keine Gefahrenstelle dar, vor der zu warnen oder die zu beseitigen gewesen wäre, so das OLG Hamm (Urteil vom 28.01.2021, Az.: 11 U 126/20).

In der Mitte einer fünf Meter breiten Straße in Waltrop befand sich im Sommer 2019 ein Schlagloch, das später durch die beklagte Stadt, die für diese Straße verantwortlich ist, ausgebessert wurde. Der Kläger will mit seinem Fahrrad zur Mittagszeit in dieses Schlagloch mit einer Tiefe von etwa 8 cm und einer Länge von 50 bis 60 cm gefahren und deshalb zu Fall gekommen sein. Durch den Sturz habe er Prellungen und Schürfwunden erlitten; daneben seien sein Fahrrad und die getragene Kleidung beschädigt worden. Er hat deshalb die beklagte Stadt auf Schadensersatz und Schmerzensgeld von etwa 3.500 Euro in Anspruch genommen. Diese hat sich unter anderem damit verteidigt, dass es sich bei der Straße um einen Wirtschaftsweg mit einer untergeordneten Verkehrsbedeutung handle, so dass jeder Verkehrsteilnehmer auch mit größeren Unebenheiten zu rechnen habe.

Das Landgericht Bochum hatte die Klage abgewiesen.

Der Kläger hat seine gegen dieses Urteil gerichtete Berufung zurückgenommen, nachdem das OLG Hamm darauf hingewiesen hatte, dass sie keine Aussicht auf Erfolg habe.

Nach Auffassung des Oberlandesgerichts stellt ein Schlagloch in der von dem Kläger beschriebenen Größe für einen Radfahrer, der dort hineinfährt, zwar ein Gefahrenpotential dar. Allerdings dürfe ein Radfahrer, der – wie hier – einen Wirtschaftsweg benutze, nicht erwarten, dass der Weg insgesamt eine einwandfreie Fahrbahndecke habe und deshalb über seine gesamte Breite gefahrlos befahren werden könne. Dies könne ein Radfahrer schon nach dem Rechtsfahrgebot der Straßenverkehrsordnung – das Schlagloch habe sich dagegen in der Mitte der Fahrbahn befunden – nicht für sich beanspruchen. Daneben hätten Benutzer eines Wirtschaftswegs grundsätzlich mit Fahrbahnunebenheiten zu rechnen, da solche Wege regelmäßig mit schwerem landwirtschaftlichem Gerät befahren werden würden, wodurch Straßenschäden entstehen könnten. Deshalb hätte der Kläger auch ohne weitere Warnhinweise nur so schnell fahren dürfen, um selbst auf plötzlich auftretende Hindernisse und Gefahrenstellen reagieren zu können. Ein Schlagloch in der von dem Kläger beschriebenen Größe sei für einen Radfahrer deutlich erkennbar und hätte ohne Probleme umfahren werden können.

Auf den Hinweisbeschluss wurde die Berufung zurückgenommen; das landgerichtliche Urteil ist damit rechtskräftig. Quelle/Weitere Informationen: Oberlandesgericht NRW, Pressemitteilung vom 28. Januar 2021