Bundesgerichtshof sendet EuGH Fragen zur Unionsrechtswidrigkeit der HOAI-Mindestsätze

Mai 2020

In einem Klageverfahren verlangt der Betreiber eines Ingenieurbüros von der Beklagten die Zahlung restlicher Vergütung aufgrund eines im Jahre 2016 abgeschlossenen Ingenieurvertrages, in dem die Parteien für die vom Kläger zu erbringenden Ingenieurleistungen bei einem Bauvorhaben der Beklagten ein Pauschalhonorar in Höhe von 55.025 Euro vereinbart hatten.

Nachdem der Kläger den Ingenieurvertrag gekündigt hatte, rechnete er im Juli 2017 seine erbrachten Leistungen in einer Honorarschlussrechnung auf Grundlage der Mindestsätze der Verordnung über die Honorare für Architekten- und Ingenieurleistungen (HOAI) in der Fassung aus dem Jahr 2013 ab. Mit der Klage hat er eine noch offene Restforderung in Höhe von 102.934,59 € brutto geltend gemacht.

Das Landgericht hatte die Beklagte zunächst zur Zahlung von 100.108,34 Euro verurteilt. Auf die Berufung der Beklagten verurteilte das Oberlandesgericht die Beklagte zur Zahlung von 96.768,03 Euro. Mit der vom Oberlandesgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf vollständige Klageabweisung weiter.

Der unter anderem für Rechtsstreitigkeiten über Architekten- und Ingenieurverträge zuständige VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 14. Mai 2020 das Verfahren ausgesetzt und legte dem Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) mehrere Fragen zu den Folgen der vom EuGH in seinem Urteil vom 4. Juli 2019 (C-377/17) angenommenen Unionsrechtswidrigkeit der Mindestsätze in der HOAI für laufende Gerichtsverfahrens zwischen Privatpersonen vor (BGH-Beschluss VII ZR 174/19).

Der EuGH hatte in diesem Urteil in einem von der Europäischen Kommission betriebenen Vertragsverletzungsverfahren entschieden, dass die Bundesrepublik Deutschland dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus Art. 15 Abs. 1, Abs. 2 Buchstabe g) und Abs. 3 der Richtlinie 2006/123/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 über Dienstleistungen im Binnenmarkt (Dienstleistungsrichtlinie) verstoßen hat, dass sie verbindliche Honorare für die Planungsleistungen von Architekten und Ingenieuren beibehalten hat. Quelle/Weitere Informationen: Bundesgerichtshof, Pressemitteilung Nr. 059/2020 vom 14. Mai 2020