Bundestag und Bundesrat billigen Novelle des Raumordnungsgesetzes und Durchführungsregelungen zur EU-Notfallverordnung

März 2023

Bundestag und Bundesrat haben am 3. März 2023 die Regelungen zur Umsetzung der sogenannten EU-Notfallverordnung (Verordnung EU 2022/2577) final beschlossen. Damit sollen die Verfahren zum Ausbau der Erneuerbaren Energien und der Stromnetze weiter beschleunigt werden. Gemeinsam mit der Novelle des Raumordnungsgesetzes (Entwurf: Gesetz zur Änderung des Raumordnungsgesetzes und anderer Vorschriften, ROGÄndG) wurden entsprechende Regelungen im Windenergieflächenbedarfsgesetz, im Windenergie-auf-See-Gesetz, im Energiewirtschaftsgesetz und im Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung getroffen.

Die EU-Notfallverordnung erlaubt Ausnahmen von Verfahrensschritten, um EU-weit für einen Schub beim Erneuerbaren Ausbau zu sorgen. Diese Beschleunigungsmaßnahmen werden mit den Beschlüssen von Bundestag und Bundesrat heute konsequent in nationales Recht umgesetzt.

Konkret gilt die EU-Notfall-Verordnung für alle Genehmigungsverfahren von Windenergieanlagen an Land, Windenergieanlagen auf See und Stromnetze ab einer Leistung von 110 kV, die vor dem 30. Juni 2024 begonnen werden. Auch bereits begonnene Genehmigungsverfahren können unter bestimmten Voraussetzungen von den Erleichterungen profitieren. Für PV-Freiflächenanlagen erhalten die Betreiberinnen und Betreiber ein Wahlrecht, um ebenfalls von Erleichterungen zu profitieren.

Konkret wird geregelt: In ausgewiesenen Gebieten, die bereits eine Strategische Umweltprüfung (SUP) durchlaufen haben, entfällt im Genehmigungsverfahren die Pflicht der Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) und der artenschutzrechtlichen Prüfung für Erneuerbare Energien-Anlagen und Netze. Um die artenschutzrechtlichen Belange zu wahren, stellt die zuständige Behörde sicher, dass der Betreiber angemessene und verhältnismäßige Vermeidungs- und Minderungsmaßnahmen durchführt. Insbesondere wenn solche Maßnahmen nicht existieren, müssen Betreiber einen finanziellen Ausgleich in ein Artenhilfsprogramm leisten. Die Bewertung erfolgt auf Basis bestehender Daten (keine neue Datenerhebung). Die Vorgaben der Vogelschutz-, Flora-Fauna-Habitat- und UVP-Richtlinie werden für den Anwendungsbereich der Verordnung außer Kraft gesetzt.

Bei PV-Freiflächen-Anlagen entfällt nach Wahl der Betreiber in ausgewiesenen Gebieten, die bereits eine strategische Umweltprüfung (SUP) durchlaufen haben, die Pflicht der Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP). Eine artenschutzrechtliche Prüfung ist weiterhin durchzuführen.

Weitere Regelungen der EU-Notfallverordnung sind unmittelbar anwendbar und müssen nicht in nationales Recht umgesetzt werden:

  • Für Repoweringmaßnahmen wird die UVP auf eine Deltaprüfung begrenzt, also auf die Mehrbelastung der neuen Anlage oder Leitung im Vergleich zur bestehenden Anlage oder Leitung. Bei Repowering von Solaranlagen kann die UVP-Pflicht unter gewissen Umständen gänzlich entfallen
  • Genehmigungsverfahren für die Installation von definierten Solarenergieanlagen werden auf drei Monate beschränkt. Bei PV-Anlagen auf künstlichen Strukturen ist keine UVP nötig. Für Anlagen unter 50 kW gilt zusätzlich eine Genehmigungsfiktion.
  • Genehmigungsverfahren für die Installation von Wärmepumpen mit einer elektrischen Leistung von weniger als 50 MW werden grundsätzlich auf einen Monat begrenzt, bei Erdwärmepumpen auf drei Monate. Zudem wird ein Anschlussrecht für Wärmepumpen bis 12 kW bzw. bis 50 kW im Eigenverbrauch etabliert.

Weitere Informationen: Überblickspapier zur Umsetzung der EU-Notfallverordnung
Quelle: Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz, Pressemitteilung vom 3. März 2023


Ausschuss-Sondersitzung im Bundestag: Änderung des Raumordnungsgesetzes und Umsetzung der EU-Notfallverordnung

März 2023: Der Ausschuss für Wohnen, Stadtentwicklung, Bauwesen und Kommunen des Bundestags hat in einer Sondersitzung am 2. März 2023 für eine Änderung des Raumordnungsgesetzes und anderer Vorschriften sowie die Umsetzung der EU-Notfallverordnung gestimmt. Der geänderte und sachlich erweiterte Gesetzesentwurf der Bundesregierung (BT Drs. 20/4823) wurde mit Stimmen von SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP angenommen, dagegen stimmten CDU/CSU, AfD und Die Linke. In der Sitzung kritisierte die CDU/CSU-Fraktion die kurzfristige Einberufung und die späte Übermittelung der Unterlagen, die den Abgeordneten aller Oppositionsfraktionen erst am Morgen vorgelegen hätten. Der Ausschuss hatte 2. März 2023 kurzfristig eine Anhörung zu den geplanten Regelungen zur EU-Notfallverordnung angesetzt.

Mit den von den Koalitionsfraktionen eingebrachten Änderungen an dem Entwurf wird unter anderem die Umsetzung der am 22. Dezember 2022 verabschiedeten  EU-Notfallverordnung ((EU) 2022/2577) ermöglicht. Grundlage dieser Änderungen waren Ende Januar vom Bundeskabinett beschlossene Formulierungshilfen zur Umsetzung der Verordnung. Laut Begründung sieht die Verordnung vor, dass Mitgliedstaaten bei Genehmigungsverfahren für Anlagen zur Stromerzeugung aus erneuerbarer Energie und für deren Ausbau erforderlicher Stromnetze unter bestimmten Bedingungen auf eine Umweltverträglichkeitsprüfung und eine artenschutzrechtliche Prüfung verzichten können, wenn diese in Gebieten errichtet werden, die für diesen Zweck ausgewiesen wurden. Mit den Änderungen werden laut Änderungsantrag die entsprechenden Durchführungsregelungen für die Bereiche Windenergie an Land, Windenergie auf See sowie Offshore-Anbindungsleitungen, Freiflächen-Photovoltaikanlagen und die Stromnetze geschaffen. Die Verordnung und die Durchführungsregelungen sollen für Genehmigungsverfahren gelten, die vor dem 30. Juni 2024 begonnen werden.

Der eigentliche Regierungsentwurf hatte vor allem zum Ziel, das Raumordnungsgesetz und andere Vorschriften zu novellieren. Die Regierung hatte zur Begründung des Entwurfes darauf verwiesen, dass der Ausbau erneuerbaren Energien, insbesondere der Windenergie am Land, beschleunigt werden müssen. So sollen Planungs- und Genehmigungsverfahren unter anderem durch eine Digitalisierung die Beteiligungsverfahren zeitlich gestrafft werden. Auch eine bessere Verzahnung von Raumordnungs- und Planfeststellungsverfahren ist vorgesehen. Zudem sollen Verfahrenserleichterungen in Windenenergiegebieten eingeführt werden.

Die Fraktion der CDU/CSU stellte die Legitimität der Sitzung infrage und erkundigte sich bei der Ausschussvorsitzenden, ob eine Genehmigung der Bundestagspräsidentin vorliege. Gleichzeitig zu der Ausschusssitzung lief die Plenarsitzung. Die Unions-Fraktion lehnte nicht nur das Verfahren ab, sondern auch die Inhalte des Gesetzentwurfes. Die Kommunen würden die Mehrarbeit, die durch das Vorhaben entstehe, nicht stemmen können, das sei bereits in der öffentlichen Anhörung am 25. Januar 2023 deutlich geworden, aber dazu fänden sich in dem Entwurf keine Verbesserungen.

Von Seiten der SPD, Bündnis 90/Die Grüne und der FDP kam hingegen Zuspruch für das nun auf den Weg gebrachte Gesetz, weil vor allem Planungsverfahren weniger Zeit kosteten, Doppelprüfungen entfallen würden und der Ausbau der Erneuerbaren Energien schneller vorangehe.

Der Vertreter der AfD-Fraktion sprach dem Entwurf ab, dem Naturschutz und der Artenvielfalt zu dienen, das Raumordnungsgesetz werde auf eine Art und Weise verändert, die von der AfD-Fraktion nicht mitgetragen werden könne.

Die Fraktion Die Linke kritisierte nicht nur das Verfahren, wie der Gesetzentwurf durch die Gremien gebracht wurde, sondern auch den Inhalt. Der Bund habe in Zukunft Eingriffsrechte in die Belange der Kommunen, die aus Sicht der Fraktion Die Linke doch wieder zu mehr Doppelarbeit führe. Die Landes- und Kommunalbehörden könnten diese Mehrarbeit nicht stemmen, da das Personal vielerorts bereits überlastet sei.

Quelle/Weitere Informationen: heute im Bundestag (hib) vom 2. März 2023


Bundesregierung will Raumordnungsgesetz novellieren

Dezember 2022: Die Bundesregierung will das Raumordnungsgesetz und andere Vorschriften novellieren, um Planungs- und Genehmigungsverfahren unter anderem durch eine Digitalisierung der Beteiligungsverfahren zu beschleunigen. In ihrem dazu vorgelegten Gesetzentwurf zur Änderung des Raumordnungsgesetzes und anderer Vorschriften (ROGÄndG) (BT Drs. 20/4823) schlägt sie außerdem eine bessere Verzahnung von Raumordnungs- und Planfeststellungsverfahren vor. Im Zusammenhang mit dem Klimaschutzgesetz und dem Erneuerbaren-Energien Gesetz 2023 will sie außerdem den Ausbau der erneuerbaren Energien, insbesondere der Windenergie an Land, verstärken.

Der Gesetzentwurf sieht außerdem Erleichterungen bei abweichenden Zielfestlegungen in Raumordnungsplänen, mehr Planungs- und Investitionssicherheit durch erweiterte Regelungen zur Planerhaltung sowie beschleunigte Genehmigungsverfahren durch eine engere Verzahnung von Raumordnungs- und Zulassungsverfahren vor. Quelle/Weitere Informationen: Heute im Bundestag (hib) vom 9. Dezember 2022