Fraunhofer-Studie: Radverkehrsanteil in Deutschland könnte deutlich steigen – politische Maßnahmen erforderlich

Mai 2024

Wie viel Radverkehr ist in Deutschland möglich? Forscherinnen und Forscher des Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung ISI haben in einer Studie für den Fahrradclub ADFC eine neue Art der Potenzialabschätzung vorgenommen. "Klassische Prognosen unterschätzen die Potenziale des Radverkehrs bislang massiv, weil sie die besonderen Anforderungen dieser Verkehrsart nicht ausreichend berücksichtigen. Wir haben in den für den ADFC erstellten Potenzialabschätzungen erstmals entscheidende Faktoren wie die Kontinuität und Dichte des Radwegenetzes, das Sicherheitsempfinden im Verkehr, die Verknüpfung des Radverkehrs mit Bus und Bahn sowie die Gestaltung der Wegelängen in einer Gemeinde in die Analyse einbezogen - und sind zu viel treffenderen Potenzialen gekommen. Ein Ergebnis daraus ist: Bei entsprechender politischer Ambition, ausreichenden Ressourcen und dem Abbau überflüssiger Bürokratie ist eine Verdreifachung des Radverkehrsanteils möglich. Voraussetzung dafür ist die vollständige Umsetzung der politischen Maßnahmen, die wir unseren Berechnungen zugrunde gelegt haben", erklärte Dr. Claus Doll, Projektleiter des Fraunhofer ISI bei der Vorstellung der Studie am 28. Mai 2024 in Berlin.

Zentrale Studienergebnisse zum Potenzial des Radverkehrs auf einen Blick:

  • Verdreifachung des Fahrradanteils am Gesamtverkehr auf 45 % möglich (aktuell: 13 %)
  • Größtes Potenzial in Regiopolen (63 %), aber auch auf dem Land Verdreifachung möglich
  • Einsparung von plus 19 Mio. t CO2 p.a. ggü. Fortführung aktueller Verkehrspolitik möglich
    > Das entspricht 34 % der Emissionen im Personenverkehr

Die Ergebnisse gelten für den Zeithorizont 2035 und alle Wege im Personenverkehr bis 30 km. Die Forschungsgruppe hat die Potenziale des Radverkehrs im Rahmen eines Leitbilds „Fahrradland Deutschland“ mit drei Ausbaustufen berechnet.

Diese Ausbaustufen für die volle Potenzialentfaltung liegen den Berechnungen zugrunde:

  • Einladende Radinfrastruktur: Verdreifachung und Verbesserung der Radwege – vom Autoverkehr getrennt und geschützt, in dichten, lückenlosen Netzen, sicher und komfortabel
  • Gute Schnittstellen zu Bus und Bahn: Bahnhöfe und Haltestellen sind gut mit dem Fahrrad erreichbar und verfügen über moderne Fahrradparkplätze – besonders im ländlichen Raum
  • Fahrradfreundliche Kommunen: Städte und Gemeinden schaffen kurze Wege und fahrradfreundliche Bedingungen durch verbesserte Nahversorgung, Tempo 30 als Regelgeschwindigkeit und Umgestaltung von Parkraum.

Potenzial des Radverkehrs für den Klimaschutz bislang nicht genutzt
Die Forschungsgruppe des Fraunhofer ISI hält fest, dass das volle Potenzial des Radverkehrs für den Klimaschutz bei Fortführung der aktuellen Verkehrspolitik nicht ausgenutzt wird. Bei Beibehaltung des derzeitigen Kurses schätzen die Forschenden eine Erhöhung des Radverkehrsanteils im Nahbereich von 13 auf 15 Prozent bis 2035. Bei Umsetzung aller berechneten Maßnahmen kann der Anteil auf 45 Prozent steigen. Städte im In- und Ausland – wie Münster, Oldenburg, Utrecht, Antwerpen und Amsterdam – zeigen, dass diese Größenordnung realistisch ist. Gegenüber dem bisherigen politischen Kurs ist bei Umsetzung aller drei Ausbaustufen für ein fahrradfreundliches Deutschland bis 2035 eine zusätzliche jährliche Einsparung von 19 Millionen Tonnen CO2-Äquivalenten möglich.

Download der Studie auf der Internetseite des ADFC:

Quelle/Weitere Informationen: ADFC Deutschland, Pressemitteilung vom 28. Mai 2024

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