Das Bundesinnenministerium hat am 19. Mai 2023 den Entwurf eines Gesetzes zur Modernisierung des Staatsangehörigkeitsrechts veröffentlicht. Länder und Verbände können nun hierzu Stellung nehmen. Mit dem Gesetz sollen die Mehrstaatigkeit möglich und der Weg zum Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit einfacher werden. Eine Einbürgerung soll in der Regel nach fünf statt wie bisher nach acht Jahren möglich sein, bei besonderen Integrationsleistungen kann die Voraufenthaltszeit auf bis zu drei Jahre verkürzt werden.
Viele Zugewanderte fühlten sich als Deutsche, wollten aber den Bezug zu ihrem Herkunftsland nicht komplett kappen. "Sie werden künftig nicht mehr gezwungen sein, einen Teil ihrer Identität aufzugeben", erklärte Bundesinnenministerin Nancy Faeser. "Wir vollziehen den lange überfälligen Paradigmenwechsel und lassen die Mehrstaatigkeit zu."
Ende 2021 lebten rund 72,4 Millionen Menschen mit deutscher und rund 10,7 Millionen mit ausländischer Staatsangehörigkeit in Deutschland, von denen sich rund 5,7 Millionen bereits seit mindestens zehn Jahren in Deutschland aufhielten. Der Anteil von Einbürgerungen im Inland im Verhältnis zu der seit mindestens zehn Jahren in Deutschland lebenden ausländischen Bevölkerung befindet sich dauerhaft auf niedrigem Niveau; im Jahr 2021 lag er bei nur 2,45 Prozent. Auch im EU-Vergleich hat Deutschland eine besonders niedrige Einbürgerungsrate.
Dies zeige, dass nach wie vor ein bedeutender Teil der Menschen, die seit Jahren ihren Lebensmittelpunkt in Deutschland haben und längst fester Bestandteil der Gesellschaft seien, nicht gleichberechtigt demokratisch teilhaben und mitwirken könnten. Das Staatsangehörigkeitsrecht müsse daher modernisiert werden, um den Bedürfnissen vieler Menschen mit Einwanderungsgeschichte angemessen Rechnung zu tragen,
Dazu gehörten vor allem Möglichkeiten zur schnelleren Einbürgerung. Sie seien ein weiterer Anreiz, sich schnell zu integrieren. Hierfür seien Aspekte wie Sprachkenntnisse, Bildung, berufliche Eingliederung, bürgerschaftliches Engagement und staatsbürgerliche Kenntnisse besonders wichtig, erläutert das Bundesinnenministerium.
Bekenntnis zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung
Wer in Deutschland eingebürgert werden wolle, müsse sich zu den Werten einer freiheitlichen Gesellschaft bekennen. Dazu gehörten insbesondere die Würde und Gleichheit aller Menschen. Wer diese Werte nicht teile oder ihnen gar zuwiderhandelt, dürfe nicht deutscher Staatsangehöriger werden. In das Staatsangehörigkeitsgesetz werde daher ausdrücklich folgender Satz aufgenommen: "Antisemitisch, rassistisch, fremdenfeindlich oder sonstige menschenverachtend motivierte Handlungen sind mit der Menschenwürdegarantie des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland unvereinbar und verstoßen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung im Sinne dieses Gesetzes."
Außerdem sieht der Entwurf eine Regelung vor, die gewährleisten soll, dass die Staatsangehörigkeitsbehörden sicher von aus menschenverachtenden Beweggründen begangenen Straftaten erfahren. Die Staatsanwaltschaften müssen nach dem Gesetzentwurf künftig den Staatsangehörigkeitsbehörden auf Anfrage Informationen über diese Straftaten mitteilen.
Sicherung des Lebensunterhalts
Wer in Deutschland eingebürgert werden will, muss wirtschaftlich integriert sein. Der Lebensunterhalt für sich und die eigenen Familienangehörigen muss daher grundsätzlich ohne Leistungen nach dem Zweiten oder Zwölften Buch Sozialgesetzbuch bestritten werden können. Um hier Klarheit zu schaffen, werden Ausnahmen nun ausdrücklich im Gesetz benannt. Diese Ausnahmen sollen u. a. Gastarbeitern, die bis 1974 in die Bundesrepublik eingereist sind, und Vertragsarbeitnehmern, die bis 1990 in die ehemalige DDR eingereist sind, zugutekommen sowie Familien mit minderjährigen Kindern, wenn ein Ehegatte oder eingetragener Lebenspartner in Vollzeit erwerbstätig ist.
Weitere Erleichterungen für Gastarbeitergeneration
Gastarbeiter in den westdeutschen Bundesländern und Vertragsarbeitnehmer in der ehemaligen DDR haben einen wesentlichen Beitrag zur Entwicklung Deutschlands geleistet. Sie haben aber in der Vergangenheit keine oder nur wenig Integrationsangebote erhalten. Ein schriftlicher Sprachnachweis und der Einbürgerungstest sollen daher für sie nicht notwendig sein. Vielmehr soll der Nachweis mündlicher deutscher Sprachkenntnisse ausreichen.
Öffentliche Einbürgerungsfeiern
Die Einbürgerung ist für alle Beteiligten ein Grund zum Feiern. Die Eingebürgerten können gleichberechtigt am politischen Leben in Deutschland teilnehmen. Der Staat darf sich über jeden neuen, nun gleichberechtigten Staatsangehörigen freuen. Der Gesetzentwurf sieht deshalb vor, dass die Einbürgerungsurkunde nach Möglichkeit in einem feierlichen Rahmen ausgehändigt werden soll, in einer öffentlichen Einbürgerungsfeier und unter Verwendung der nationalen Symbole der Bundesrepublik Deutschland.
Der Entwurf eines Gesetzes zur Modernisierung des Staatsangehörigkeitsrechts ist auf der der Internetseite des Bundesinnenministeriums abrufbar.
Quelle/Weitere Informationen: Bundesministerium des Innern und für Heimat, Pressemitteilung vom 19. Mai 2023