Trotz heftiger Kritik: Bundestag beschließt das Gebäudeenergiegesetz

September 2023

Die Abgeordneten des Deutschen Bundestages haben am 8. September 2023 das sogenannte Heizungsgesetz verabschiedet. In namentlicher Abstimmung stimmten 397 Abgeordnete für den Gesetzentwurf zur Änderung des Gebäudeenergiegesetzes (GEG), zur Änderung der Heizkostenverordnung und zur Änderung der Kehr- und Überprüfungsordnung (BT Drs. 20/6875) in einer vom Ausschuss für Klimaschutz und Energie geänderten Fassung. 275 Parlamentarier haben gegen den Entwurf votiert und fünf Abgeordnete haben sich enthalten. Zur Abstimmung lag eine Beschlussempfehlung des Ausschusses für Klimaschutz und Energie (BT Drs. 20/7619) mit umfangreichen Änderungen am Regierungsentwurf und ein Bericht des Haushaltsausschusses gemäß § 96 der Geschäftsordnung des Bundestags zur Finanzierbarkeit (BT Drs. 20/7620) vor.

Ursprünglich war die Abstimmung über das Gesetzeswerk bereits für den 7. Juli 2023 vorgesehen gewesen. Weil das Bundesverfassungsgericht am 5. Juli 2023 einem Eilantrag des Unionsabgeordneten Thomas Heilmann stattgegeben hatte (BVerfG, Beschluss, Az.: 2 BvE 4/23), musste die abschließende Beratung des Gesetzentwurfs vertagt werden. Heilmann hatte geltend gemacht, aufgrund knapper Beratungszeiten in seinen Rechten als Abgeordneter verletzt zu sein. Der Bundestag setzte daraufhin den 8. September 2023 als neuen Termin für die abschließende Beratung fest.

Geänderter Gesetzentwurf der Bundesregierung
Der ursprüngliche Regierungsentwurf war durch einen Änderungsantrag der Koalitionsfraktionen vor allem dahingehend verändert worden, dass Regelungen zur Verzahnung mit der kommunalen Wärmeplanung inklusive Übergangsregelungen aufgenommen wurden. Die Regelungen des GEG sollen für Neubauten ab dem Jahr 2024, für Bestandsbauten in Gemeinden mit mehr als 100.000 Einwohnern ab dem 30. Juni 2026 und in Bestandsbauten in Gemeinden mit bis zu 100.000 Einwohnern ab dem 30. Juni 2028 gelten, wenn nicht bis dahin eine kommunale Wärmeplanung vorliegt.

In ab 2024 eingebauten Heizungen muss laut Entwurf sichergestellt werden, dass ab 2029 mindestens 15 Prozent, ab 2035 mindestens 30 Prozent und ab 2040 mindestens 60 Prozent der Wärme aus Biomasse oder grünem oder blauem Wasserstoff einschließlich daraus hergestellter Derivate erzeugt wird.

Beratungspflicht und Mieterschutz
Aufgenommen wurde zudem eine Beratungspflicht vor dem Einbau neuer Heizungen, die mit festen, flüssigen oder gasförmigen Brennstoffen betrieben werden. Der Entwurf enthält ferner Regelungen für eine Modernisierungsumlage, nach denen zehn Prozent der Modernisierungskosten auf die Mieter umgelegt werden können, wobei maximal 50 Cent/qm umlagefähig sind.

Außerdem sind Regelungen zur Nutzung von Biomasse im Neubau, von Solarthermie-Hybridheizungen, zu Holz-und Pelletheizungen sowie zu Quartieren (verbundene Gebäude) aufgenommen worden. Die Pflicht zur Solarthermie und für Pufferspeicher sowie die Altersgrenzenregelung ist aus dem Gesetzentwurf der Bundesregierung wieder gestrichen worden.

Entschließung angenommen
Der Bundestag hat zusammen mit dem Gesetz eine Entschließung mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen gegen die Stimmen von CDU/CSU und AfD bei Enthaltung der Linksfraktion angenommen und die Bundesregierung darin aufgefordert, in den Bereichen kommunale Wärmeplanung, Förderkulisse, Stromnetzertüchtigung sowie Geothermie flankierende Maßnahmen zu ergreifen und eine Aufklärungskampagne zu starten. Konkret sollen die Gemeinden verpflichtet werden, bis zum 30. Juni 2028 eine kommunale Wärmeplanung zu erstellen. Gemeinden mit mehr als 100.000 Einwohnern sollen die kommunale Wärmeplanung bereits bis zum 30. Juni 2026 erstellen müssen.

Die Kosten des Heizungsaustausches (maximal 30.000 Euro bei Einfamilienhäusern und einer nach Wohneinheiten gestaffelten Grenze bei Mietparteienhäusern) sollen mit einer Grundförderung von 30 Prozent, einem Einkommensbonus von 30 Prozent bis zu einem maximalen Haushaltseinkommen von 40.000 Euro und einem zeitlich abschmelzenden Geschwindigkeitsbonus von 20 Prozent gefördert werden, wobei die Maximalförderung bei 70 Prozent liegen soll.

Quelle/Weitere Informationen: Deutscher Bundestag, Dokumente zur Gesetzgebung, Stand 8. September 2023


Bundesverfassungsgericht stoppt Abstimmung über Novelle des Gebäudeenergiegesetzes

Juli 2023: Mit Beschluss vom 5. Juli 2023 hat der Zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts dem Deutschen Bundestag aufgegeben, die zweite und dritte Lesung zum Gesetzentwurf der Bundesregierung zur "Änderung des Gebäudeenergiegesetzes und zur Änderung der Kehr- und Überprüfungsordnung" (Gebäudeenergiegesetz) nicht innerhalb der laufenden Sitzungswoche durchzuführen (Beschluss, Az.: 2 BvE 4/23).

Ein Mitglied der CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag hatte einen Eilantrag beim Bundesverfassungsgericht gegen die Schlussabstimmung über den kontrovers diskutierten und umfangreich geänderten Gesetzentwurf gestellt. Er sah sich durch das Gesetzgebungsverfahren in seinen Rechten als Mitglied des Deutschen Bundestages verletzt. Seiner Meinung nach war für die Befassung mit dem geänderten Gesetzestext zu wenig Zeit gewesen. Er sieht sich durch das Gesetzgebungsverfahren in seinen Rechten als Mitglied des Deutschen Bundestages verletzt.

Sein Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung hatte Erfolg. Zur Begründung führte das Bundesverfassungsgericht aus: "Der Hauptsacheantrag im Organstreitverfahren erscheint jedenfalls mit Blick auf das Recht des Antragstellers auf gleichberechtigte Teilhabe an der parlamentarischen Willensbildung aus Art. 38 Abs. 1 Satz 2 des Grundgesetzes (GG) weder von vornherein unzulässig noch offensichtlich unbegründet. Die demgemäß vom Bundesverfassungsgericht vorzunehmende Folgenabwägung führt zu dem Ergebnis, dass die für den Erlass einer einstweiligen Anordnung sprechenden Gründe überwiegen. Unter den besonderen Umständen des Einzelfalls überwiegt das Interesse an der Vermeidung einer irreversiblen Verletzung der Beteiligungsrechte des Antragstellers aus Art. 38 Abs. 1 Satz 2 GG gegenüber dem Eingriff in die Verfahrensautonomie des Deutschen Bundestages, der die Umsetzung des Gesetzgebungsverfahrens lediglich verzögert."

Der Bundestag hat sich am7. Juli 2023 mit dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts befasst. Einen entsprechenden Antrag der CDU/CSU-Fraktion, der das Urteil auch für einen "Neustart beim Heizungsgesetz" zum Anlass nehmen wollte (BT Drs. 20/7671), lehnte das Parlament gegen das Votum der Unionsfraktion und der überwiegenden Mehrheit der Linksfraktion ab. Die AfD und die Linken-Abgeordnete Ley enthielten sich der Stimme.

Quelle/Weitere Informationen: Bundesverfassungsgericht, Pressemitteilung vom 5. Juli 2023/https://www.bundestag.de/dokumente/textarchiv/2023/kw27-de-urteil-bverfg-957176


Bundeskabinett beschließt Novelle des Gebäudeenergiegesetzes (GEG) – Umstieg auf Heizen mit Erneuerbaren ab 2024

April 2023: Die Bundesregierung hat am 19. April 2023 die 2. Novelle des Gebäudeenergiegesetzes (GEG) im Bundeskabinett beschlossen. Der Gesetzentwurf zur Novelle des GEG wurde vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz gemeinsam mit dem Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen erarbeitet. Mit dem Gesetzentwurf wird der Umstieg auf erneuerbare Energien beim Heizen und bei der Warmwasserbereitung gesetzlich verankert und so die Dekarbonisierung des Wärmebereichs eingeleitet und schrittweise umgesetzt. Ab 2024 muss beim Einbau neuer Heizungen konsequent auf erneuerbare Energie gesetzt werden. Das heißt konkret, dass ab dem 1. Januar 2024 möglichst jede neu eingebaute Heizung zu mindestens 65 Prozent mit erneuerbaren Energien betrieben werden muss. Dieser Fokus auf neue Heizungen sei angesichts der langen Investitionszeiträume im Gebäudebereich entscheidend, erklärt die Bundesregierung. Wer heute eine neue Heizung einbaut, der nutzte diese 20-30 Jahre. Die richtige Weichenstellung beim Einbau von neuen Heizungen müssse daher jetzt erfolgen. Bestehende Heizungen können weiter betrieben werden. Kaputte Heizungen können repariert werden.

Es gelten Übergangsfristen, verschiedene technologieoffene Erfüllungsoptionen und Befreiungsmöglichkeiten in besonderen Situationen. Die Übergangsfristen und Erfüllungsoptionen – vor allem für den Neubau – wurden nochmal erweitert, zum Beispiel um Solarthermie. Auch sind "H2-Ready" Gasheizungen eine weitere Option, also Heizungen, die auf 100 Prozent Wasserstoff umrüstbar sind. Diese dürfen dann eingebaut werden, wenn es einen verbindlichen Investitions- und Transformationsplan für Wasserstoffnetze gibt und diese Heizungen ab 2030 mit mindestens 50 Prozent Biomethan oder anderen grünen Gasen und spätestens ab 2035 mit mindestens 65 Prozent grünen oder blauem Wasserstoff betrieben werden.

Kurzüberblick über die GEG-Novelle:

  1. Grundsätzlich muss ab dem 1. Januar 2024 jede neu eingebaute Heizung (in Neubau und Bestandsgebäuden, Wohn- und Nichtwohngebäude) mindestens 65 % erneuerbare Energie nutzen. Bestehende Heizungensind nicht betroffen und können weiter genutzt werden. Auch Reparaturen sind weiter möglich. Enddatum für die Nutzung fossiler Brennstoffe in Heizungen ist der 31. Dezember 2044
  2. Die Regelung ist technologieoffen: Um die Pflicht zur Nutzung von mindestens 65 % erneuerbarer Energien in neu eingebauten Heizungen zu erfüllen, können die Eigentümer entweder eine individuelle Lösung umsetzen und den Erneuerbaren-Anteil (mind. 65 %) rechnerisch nachweisen oder zwischen verschiedenen gesetzlich vorgesehenen pauschalen Erfüllungsoptionen frei wählen: Anschluss an ein Wärmenetz, elektrische Wärmepumpe, Stromdirektheizung, Hybridheizung (Kombination aus Erneuerbaren-Heizung und Gas- oder Ölkessel), Heizung auf der Basis von Solarthermie. Außerdem gibt es die Möglichkeit von sog. „H2-Ready“-Gasheizungen, also Heizungen, die auf 100 Prozent Wasserstoff umrüstbar sind, aber nur, wenn es einen rechtsverbindlichen Investitions- und Transformationsplan für Wasserstoffnetze gibt und diese Heizungen ab 2030 mit mindestens 50 Prozent Biomethan oder anderen grünen Gasen und spätestens ab 2035 mit mindestens 65 Prozent Wasserstoff betrieben werden. Für bestehende Gebäude sind weitere Optionen vorgesehen: Biomasseheizung, Gasheizung, die nachweislich erneuerbare Gase nutzt (mindestens zu 65 % Biomethan, biogenes Flüssiggas oder Wasserstoff).
  3. Es gibt ausreichende Übergangsfristen und Ausnahmen: Ist die Heizung kaputt und kann nicht mehr repariert werden – so genannte Heizungshavarie – greifen Übergangsfristen (3 Jahre; bei Gasetagen bis zu 13 Jahre). Vorübergehend kann eine (ggf. gebrauchte) fossil betriebene Heizung eingebaut werden. Soweit ein Anschluss an ein Wärmenetz absehbar ist, gelten Übergangsfristen von bis zu 10 Jahren.
  4. Aufgenommen wurde auch eine Befreiung von der Heizen-mit- Erneuerbaren-Vorgabe für hochbetagte Gebäudeeigentümer. Für Eigentümer, die das 80. Lebensjahr vollendet haben und die ein Gebäude mit bis zu sechs Wohnungen selbst bewohnen, soll im Havariefall die Pflicht zur Umstellung auf Erneuerbares Heizen entfallen. Gleiches gilt beim Austausch für Etagenheizungen für Wohnungseigentümer, die 80 Jahre und älter sind und die Wohnung selbst bewohnen.
  5. Das Gebäudeenergiegesetz enthält eine allgemeine Härtefallregelung, die Ausnahmen von der Pflicht ermöglicht. Im Einzelfall wird dabei berücksichtigt, ob die notwendigen Investitionen in einem angemessenen Verhältnis zum Ertrag oder in einem angemessenen Verhältnis zum Wert des Gebäudes stehen. Auch Fördermöglichkeiten und Preisentwicklungen fließen hier ein.
  6. Für den Umstieg aufs Heizen mit Erneuerbaren gibt es finanzielle Unterstützung in Form von Zuschüssen, Krediten oder den bereits vorhandenen Möglichkeiten für Steuergutschriften. Ein Förderkonzept erneuerbares Heizen wurde in der Bundesregierung geeint und passt die Förderung auf das neue Gebäudeenergiegesetz an. Das Heizen mit erneuerbaren Energien wird sich durch die Kombination aus Förderung und perspektivisch günstigen Betriebskosten für Verbraucherinnen und Verbraucher rechnen. In den entsprechenden Berechnungen des BMWK ist ein Nutzungszeitraum von 18 Jahren zugrunde gelegt.

Das Gebäudeenergiegesetz wird nun dem Bundestag und Bundesrat zugeleitet. Den Regierungsentwurf finden Sie hier.

Quelle/Weitere Informationen: Gemeinsame Pressemitteilung von Bundeswirtschaftsministerium und Bundesbauministerium vom 19. April 2023/FAQ zum Gebäudeenergiegesetz