VGH Mannheim: Sperrzeit für einen Club in Stuttgart einstweilen aufgehoben

Januar 2019

Der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg (VGH) hat mit seinem Beschluss vom 17. Dezember 2018 (Az. 6 S 2448/18) der Stadt Stuttgart durch einstweilige Anordnung aufgegeben, den Betreibern einer Gaststätte in Stuttgart die Sperrzeit widerruflich bis zum 31. Dezember 2018 täglich jeweils bis 6.00 Uhr zu verkürzen.

Die Gaststätte öffnet erst um 23.00 Uhr und hatte bislang an Werktagen mindestens bis 5.00 Uhr, am Wochenende mindestens bis 7.00 Uhr geöffnet. Seit Februar 1992 hatte ihr die Stadt Stuttgart durchgehend auf jeweils sechs Monate befristete Sperrzeitverkürzungen täglich auf 6.00 Uhr erteilt. Nach Auslaufen der letzten erteilten Sperrzeitverkürzung für den Zeitraum Januar bis Juni 2018 lehnte die die Stadt mit Bescheiden vom 16.08.2018 die Anträge der Betreiber ab, die Sperrzeit für ihre Gaststätte auch für die Monate Juli bis Dezember 2018 täglich bis 6.00 Uhr zu verkürzen, und verwies auf Anwohnerbeschwerden über den mit der Gastronomie verbundenen Lärm. Einen Eilantrag hiergegen lehnte das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 2. Oktober 2018 ab. Die Beschwerde der Gaststättenbetreiber gegen diesen Beschluss hatte beim VGH Erfolg.

Zur Begründung führt der 6. Senat des VGH aus: Zwar könne ein Gastwirt aus einer über längere Zeit hinweg gleichmäßigen behördlichen Praxis grundsätzlich keinen Anspruch darauf ableiten, dass die Sperrzeit seiner Gaststätte weiterhin verkürzt werde. Denn Sperrzeitverkürzungen im Wege der Ausnahme für einzelne Betriebe nach § 12 Satz 1 GastVO würden stets nur befristet und widerruflich erteilt. Auch könne eine ständige Verwaltungspraxis jederzeit aus sachgerechten Erwägungen für die Zukunft geändert werden. Solche sachgerechten Erwägungen habe die Stadt als Antragsgegnerin jedoch nach derzeitigem Erkenntnisstand weder im Einzelfall noch allgemein (etwa durch Rechtsverordnung des Gemeinderats) für das hier betroffene Gebiet angestellt. Insbesondere fehle es an entsprechenden Lärmmessungen. Jedenfalls hätte die Antragsgegnerin hier aus Gründen des Vertrauensschutzes eine angemessene Übergangsregelung für diejenigen Gastwirte treffen müssen, die sich – wie die Antragsteller – in ihrem Betriebskonzept auf die von der Antragsgegnerin in ihrer Verwaltungspraxis der vergangenen 25 Jahre vorgenommene faktische Freigabe der Sperrstunde eingerichtet hätten.

Hierfür sei zum einen maßgeblich, dass die Antragsgegnerin eine individuelle Bewertung des Antrags der Antragsteller auf Sperrzeitverkürzung nicht vorgenommen habe. Der Bescheid sei allein mit dem Beitrag der Gaststätte zu der von der Antragsgegnerin angenommenen Gesamtlärmbelastung begründet. Es bestünden keine Hinweise darauf, dass der Betrieb der Gaststätte für sich genommen die maßgeblichen Lärmschutzrichtwerte überschreiten würde. Aktuelle Lärmmessungen zu der hier relevanten Nachtzeit habe die Antragsgegnerin nicht vorgenommen, während die Antragsteller durch Vorlage eines Lärmgutachtens glaubhaft gemacht hätten, die hier einschlägigen Immissionsrichtwerte von 45 dB (A) nachts im Kerngebiet nicht nur einzuhalten, sondern maßgeblich zu unterschreiten. Zum anderen habe die Antragsgegnerin ihre beabsichtigte neue Verwaltungspraxis nicht konsequent umgesetzt, da sie auch weiterhin anderen Gaststätten mit vergleichbaren Betriebskonzepten in unmittelbarer räumlicher Nähe der von den Antragstellern betriebenen Gaststätte Sperrzeitverkürzungen bzw. -aufhebungen entsprechend ihrer bisherigen großzügigen Praxis erteilt habe. Der Beschluss des VGH ist unanfechtbar. Quelle/Weitere Informationen: Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Pressemitteilung vom 18. Dezember 2018