Wohnungseigentum in der Verwalterpraxis

März 2019

Bericht zur 20. Fachtagung in München 2019

Zum 20. Mal veranstaltete der vhw – Bundesverband für Wohnen und Stadtentwicklung e. V., Geschäftsstelle Bayern, am 11. und 12. Februar 2019 die Fachtagung "Wohnungseigentum in der Verwalterpraxis". Mit dieser Tagung holt der vhw sozusagen zum "Rundumschlag" im Wohnungseigentumsrecht aus und bietet Wohnungs­eigentums­verwaltern, aber auch Rechtsanwälten, Richtern und sonstigen wohnungseigentumsrechtlich und juristisch Interessierten ein breites Themenangebot rund um die Verwaltung des Wohnungseigentums.

Zehn Fachvorträge von zehn Referenten, allesamt ausgewiesene Spezialisten auf ihrem Gebiet, gaben den rund 50 Teilnehmern der Tagung vertiefende Einblicke der rechtlich und verwaltungstechnisch komplizierten Materie, praxisnah und verständlich dargebracht. Die Moderation übernahm Rechtsanwalt Konstantin Riesenberger.

Zum festen Bestandteil der Tagung gehört der 15-minütige Eröffnungsvortrag, den in diesem Jahr die Kommunalreferentin der Landeshauptstadt München, Kristina Frank, hielt. Die Flächenknappheit in der Stadt München gebiete eine nachhaltige Portfoliopolitik. Dazu seien eine Vielzahl von Maßnahmen ergriffen worden, u.a die Vergabe städtischer Flächen fast ausschließlich im Wege der Erbpacht, der Verkauf nur von Kleinstflächen im sog. "Münchenmodell" an Einheimische zum Hausbau, eine Flächenneuordnung und der Erwerb großer freier Flächen durch die Stadt zur Schaffung von Ausgleichs- und Grünflächen (zuletzt 16 ha im Osten der Stadt).

Als Mitglied des V. Zivilsenats des BGH war Dr. Bettina Brückner prädestiniert, den Teilnehmern einen Überblick über die "Aktuelle Rechtsprechung des BGH zum Wohnungseigentumsrecht" zu geben. Dabei legte sie die Schwerpunkte auf die Nutzung des Wohnungs- und Teileigentums, auf Sanierungspflichten und Haftung, Hausgeldrückstände sowie auf die Erbenhaftung für laufende Hausgelder.

Rechtsanwalt Michael Drasdo stellte "Aktuelle Entwicklungen zur Zahlungsverpflichtung von Wohnungseigentümern" dar. Im Laufe des Vortrags zu Folgen der Wirtschaftsplanaufhebung, Verzugszinsen und Geltendmachung des Buchhaltungssaldos wurde deutlich: Der Teufel liegt im Detail.

Unter Einsatz seiner beachtlichen Playmobil- und Legofigurensammlung illustriert Richter am OLG Wolfgang Dötsch regelmäßig seine Präsentation. Somit hielt er nicht nur einen fachlich dichten, sondern auch höchst anschaulichen Vortrag zur ordnungsgemäßen Erstherstellung und Instandsetzung und gab Antworten auf die Frage "Wer muss was tun und wer haftet wofür?".

"Vorsicht Falle – die Eigentümerversammlung"; hierzu referierte Rechtsanwalt Dr. A. Olrik Vogel. Die Formalien der Einladung (Einladungsort, -zeit und -frist sowie Zugang und Inhalt des Einladungsschreibens nebst beizufügende Unterlagen/Informationen) sind "täglich Brot" für die Verwalter, so scheint es. Die von Vogel erörterten Beispiele machten klar, hier ist äußerste Sorgfalt geboten. Im Anschluss referierte er zur Durchführung der Versammlung (Einlasskontrolle, Herstellung der Nichtöffentlichkeit und Sicherstellung der Ordnung), zu Vollmachten und Weisungen als Sonderproblem sowie zur Niederschrift der Sitzung.

Im direkten Austausch mit den Teilnehmern befasste sich Rechtsanwalt Stephan Volpp mit den "Chancen und Grenzen der Beschlusskompetenz" (von ihm außerdem betitelt: "Die Wundertüte des § 21 VII WEG"). Volpp ging auf die Wirksamkeit von Sondervergütungen des Verwalters und Zahlungsmodalitäten ein. An den Beispielen des Lastschriftverfahrens, der Mahngebühren und der sog. Verfall- und Vorfälligkeitsklauseln bei Zahlungssäumigkeit wurde deutlich, dass Obacht der Verwalter geboten ist, damit gültige Regelungen (die auch ihnen zugute kommen) getroffen werden.

Über "die Rolle des Verwalters bei Beschlussanfechtungen" referierte Vorsitzender Richter am LG Dr. Frank Zschieschack. Hier konnten die Teilnehmer mit einer prozessualen Sicht auf die Aufgaben und Befugnisse des Verwalters praxisrelevante Falllösungen mitnehmen.

Nicht um Beschlussanfechtungen, sondern um "Fallstricke bei der Beschlussfassung" ging es im Vortrag von Rechtsanwalt Dr. Michael Sommer. Diese lauern überall, sei es beim Zustandekommen oder den Rechtsfolgen eines mangelhaften (rechtswidrigen oder nichtigen) Beschlusses. Sommer nahm zur inhaltlichen Bestimmtheit Stellung und gab den Teilnehmern Formulierungsbeispiele und eine Checkliste für die Vorgehensweise an die Hand.

Eine Fragerunde, der sich die drei Experten Konstantin Riesenberger, Dr. Michael Sommer und Dr. A. Olrik Vogel zum Thema der baulichen Veränderung stellten, fand reges Interesse und hätte über die angesetzten 30 Minuten hinausgehen können. Es ist im Übrigen positiv hervorzuheben, dass alle Referenten auch während der Vorträge dem regen Frage- und Diskussionsbedarf der Teilnehmer nachkamen und die Beantwortung gleich vornahmen bzw. in die Diskussion einstiegen.

Neben den "reinen" wohnungseigentumsrechtlichen Referaten wartet der vhw immer auch mit einem bautechnischen Vortrag und einem Vortrag im Bereich des Personaltrainings auf. Werner Rüthschilling riet in seinem Referat zum Thema "Wenn Fassaden in die Jahre kommen" zu einer gründlichen Sanierung und belegte in eindrucksvoller Weise anhand zahlreicher Beispiele, welche (kostenträchtigen) Folgen eine unzureichende Ausführung haben kann. Trainerin und Coach Astrid Horváth brachte noch einmal Bewegung im wahrsten Sinne des Wortes ins Auditorium, als sie die Teilnehmer aufforderte, ihre Wirkung in Bezug auf Körpersprache und Stimme zu testen. Ihr Vortrag zum Thema "Überzeugung durch sichere und authentische Rhetorik" gab so sicherlich für viele Teilnehmer Anreiz, besonders in schwierigen Situationen der Körpersprache Aufmerksamkeit zu widmen.

Eine Erfahrung ganz neuer Art konnten die (auch langjährigen) Teilnehmer machen: Die Tagungsleiterin Natascha Blank setzte gleich nach dem ersten Fachvortrag ein Business Speed Dating auf die Tagesordnung. Dieses verfehlte nicht seine Wirkung und sorgte für Aufmunterung, Kennenlernen der übrigen Teilnehmer und einen Erfahrungsaustausch untereinander.

Kennzeichnend für die Fachtagung des vhw ist die Vielfalt der Themen, ihre praktische Relevanz und die ausgezeichnete Auswahl der fachlich überaus kompetenten Referenten. Eine umfangreiche Tagungsmappe mit ausführlichen Skripten und Nachweisen der bezogenen Rechtsprechung sowie weiterführenden Literaturhinweisen ermöglichen eine vertiefende Nachbearbeitung der Vorträge.

Die Tagung ist ein gutes Fortbildungsangebot für alle, die sich mit der Verwaltung von Wohnungseigentum befassen. Seien Sie gespannt auf die 21. Fachtagung "Wohnungseigentum in der Verwalterpraxis".

Verfasserin des Berichts: Rechtsanwältin Beate Ochs, Bad Vilbel