"Quartiere neu denken" - Dokumentation der Online-Tagung am 16. November 2020


Der Pandemie-bedingte Umzug auf eine Online Plattform hatte auch einen Vorteil: Bei der Online-Tagung „Quartiere neu denken“ vom vhw e. V. in Kooperation mit dem Arbeitskreis Quartiersforschung waren mit teilweise über 140 Teilnehmenden deutlich mehr Personen anwesend als es vor Ort im Restaurant des ehemaligen Flughafen Tempelhof möglich gewesen wäre. Ursprünglich sollte die Tagung im Begleitprogramm der Ausstellung "Living the City" im Rahmen der Nationalen Stadtentwicklungspolitik in Berlin Tempelhof stattfinden. Eine Teilnehmerin schrieb: „Ich freue mich, dass die Veranstaltung online stattfand, denn ich hätte heute auch ohne Corona nicht nach Berlin kommen können.“

Die Beiträge aus Wissenschaft und Praxis griffen zentrale Themen der Quartiersentwicklung auf und wurden vom ebenso interdisziplinär zusammengesetzten Publikum mit Interesse verfolgt. Die Moderation der Tagung teilten sich Dr. Lars Wiesemann, Seniorwissenschaftler sowie Dr. Olaf Schnur, Wissenschaftlicher Leiter (beide vhw e. V.). Einleitend hinterfragte Olaf Schnur den Quartiersbegriff in seinem Intro "Was ist ein Quartier?". Es folgten Vorträge zu den Aspekten Gemeinwohl im Quartier (Prof. Dr. Klaus Selle), Digitalisierung ("Nachbarschaften als hybride Alltagsräume" von Dr. Anna Becker und Simone Tappert sowie "Quartier machen auf digitalen Plattformen" von Dr. Sophie Naue und Anna Wildhack), Klimaschutz (Prof. Dr. Andreas Thiesen) und Integration im Quartier (Dr. Ingeborg Beer). Im Anschluss an die einzelnen Beiträge konnten die Teilnehmenden mit den Referentinnen und Referenten über Audiobeiträge oder die Chatfunktion diskutieren.

Nun haben Sie die Möglichkeit, sich die Vorträge in unserer Tagungsdokumentation anzuschauen. Zudem finden Sie auch den geplanten Beitrag zu "Partizipativen Atmosphären im Quartier" von Dr. Rainer Kazig in der Dokumentation, der am 16.11. leider ausfallen musste.

Wir wünschen Ihnen viel Spaß!


Vorträge


Intro: Was ist ein Quartier?

Dr. Olaf Schnur, wissenschaftlicher Leiter vhw e. V.


Gemeinwohl im Quartier?

Prof. Dr. Klaus Selle, Stadtplaner, Stadtforscher, NetzwerkStadt Forschung, Beratung, Kommunikation GmbH

Abstract:

Die beiden mir als Thema vorgegebenen Begriffe – "Gemeinwohl" und "Quartier" – erweisen sich in der allgemeinen Verwendung als eindeutig uneindeutig. Um sie für Stadtentwicklungsaufgaben nutzbar zu machen, gilt es sich zunächst – anhand praktischer Beispiele – mit Missverständnissen und offenen Fragen auseinanderzusetzen, um dann einige begriffliche Kerne zu operationalisieren. Dabei erweist sich der vor allem in der Quartiersforschung betonte lebensweltliche Ansatz ebenso bedeutsam wie der jedem der Begriffe eigene prozessuale Aspekt. Beides kann für eine "VerORTung" der Stadtentwicklung fruchtbar gemacht werden.

 


Nachbarschaften als hybride Alltagsräume – Herausforderungen und Möglichkeiten für die Praxis

Simone Tappert, Institut Sozialplanung, Organisationaler Wandel und Stadtentwicklung, Hochschule für Soziale Arbeit FHNW
Dr. Anna Becker, Seniorwissenschaftlerin und Clusterkoordinatorin, vhw e. V.

Abstract:

Urbane Nachbarschaften sind komplex, verändern sich dynamisch und werden durch zahlreiche selbst- und fremdgesteuerte Prozesse gestaltet. Sie befinden sich somit stets in Transformation. Unser Vortrag geht der Frage nach, wie sich der gesellschaftliche Wandel und die Digitalisierung der Gesellschaft gegenwärtig auf Nachbarschaften auswirken, wie durch diese Dynamiken neue hybride Alltagsräume entstehen, und wie diese hybriden Räume Nachbarschaften konstituieren. Resümierend werden Herausforderungen und Möglichkeiten aufgezeigt, die sich dadurch für die Praxis eröffnen.


Partizipative Atmosphären im Quartier

Dr. Rainer Kazig, CRNS Forschungsgruppe „Ambiances – Architectures – Urbanités"/CRESSON

Abstract:

Eine gute und richtige Atmosphäre kann individuelles und gemeinsames Handeln erleichtern oder sogar beflügeln. Dieser Vortrag geht der Frage nach, ob und in welcher Weise dieser Zusammenhang auch für die Dynamik von Partizipation und bürgerschaftlichem Engagement im Quartier gilt. Er stützt sich dabei auf konzeptionelle Überlegungen zum Zusammenhang von Atmosphären und Engagement sowie auf erste Ergebnisse einer explorativen Untersuchung in sechs Quartieren in Deutschland und Frankreich.     


TRANSCITY - Klimaschutz durch quartiersübergreifende Kooperation

Prof. Dr. Andreas Thiesen, Hochschule Rhein-Main, Theorien und Methoden Sozialer Arbeit 

Abstract:

Die Idee der TRANSCITY gewichtet die Sichtweise auf kommunalen Klimaschutz völlig neu: Gegenstand ist die Entwicklung und Anwendung eines Social Urban Emissions Trading System (SUETS). Dahinter verbirgt sich ein sozialräumliches Instrument für quartiersübergreifenden Emissionshandel zwischen unterschiedlichen sozialen Milieus. Das sozialökologische Bewusstsein soll auf Quartiersebene nicht nur erhöht, sondern durch einen multilateralen Ansatz in eine konkrete Praxis innerstädtischer Kooperation transferiert werden. Im Vordergrund steht die Sensibilisierung für soziale Schieflagen im Verbund mit konkreten Klimaschutzmaßnahmen. Ganz zentral geht es um die Frage, welche Potenziale unser Ansatz birgt, um sozialräumliche Inklusion in einer Großstadt herzustellen und als Hebelwirkung für Klimaschutz zu nutzen.

 

Beitrag von Andreas Thiesen und Manfred Fischedick "Bildet die TRANSCITY! Kommunaler Klimaschutz durch quartiersübergreifenden Emissionshandel" in FWS 6/2020

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Quartier machen auf digitalen Plattformen

Anna Wildhack und Dr. Sophie Naue, urbanista GmbH & Co KG

Abstract:

Unser Vortrag widmet sich der übergeordneten Frage welchen Beitrag digitale Plattformen für eine bürgergetragene Quartiersentwicklung leisten können. Um dieser Frage auf den Grund zu gehen, ziehen wir die Ergebnisse und Erkenntnisse aus dem aktuellen vhw-Forschungsprojekt „Stadtmachen auf digitalen Plattformen“ heran und diskutieren sie mit Blick auf das Quartier: Welche Plattformen eignen sich? Welche Anforderungen und Rahmenbedingungen sind zu erfüllen? Wo liegen Schwierigkeiten und Herausforderungen? Und welche Erfordernisse stellen sich an kommunale Planungsinstanzen?


In Kooperation mit: